Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich meine Heimatstadt Wien hinter mir gelassen und meine Arbeit in London angetreten habe. Dass ein solcher Schritt – besonders deshalb, weil ich eine derartige Situation erstmalig bestreite – nicht nur Blümchen und Rüschen, Zuckerschlecken und Keksebacken ist, habe ich schnell am eigenen Leib erfahren und auch in meinen bisherigen Blogs etwas beschrieben. Ein bisschen stolz muss ich da schon auch einmal sein dürfen, Hintergrund dieses Beitrags soll aber vielmehr ein kleiner Blick auf die unterschiedlichen Welten sein, in die ich in den letzten Monaten eintauchen konnte.
Danke
Für viele Bartender ist es ein langgehegter Traum, einmal in einer Weltstadt und Hochburg der Barkultur wie London zu arbeiten. Wenn man dazu noch in einem renommierten Haus unterkommt und nicht in Billie Bobs Schnapsladen für 2,50 Pfund Sex on the Beach mischt, ist das schon etwas besonderes. Ich darf dank Jägermeister und dem Hubertus Rat genau das machen und fühle mich im positivsten Sinne fast verpflichtet, den GSA-Raum ein stückweit in die Welt zu tragen und zu repräsentieren (bitte dies nicht als großköpfig zu verstehen). Ich möchte Euch an dieser Stelle einfach auch einmal „Danke“ sagen und bitte schreibt mir fleißig weiter und be-jägerbombt mich mit Fragen, Wünschen und Anregungen!
GSA – Gemeinsame Spitzen Arbeit
Ihr bzw. wir sollten stolz sein auf das Miteinander, den Zusammenhalt und die Qualität, die in den Bars im Alpenraum zu finden sind. Wir brauchen uns keineswegs verstecken vor den großen Cocktailmetropolen, weltberühmten Trinkstä(t)dten und Koryphäen des Rührglases. Auch in London wird mit Wasser gekocht und glaubt mir, unser Wasser ist keineswegs schlechter. (Ich vermisse Wiener Hochquell Leitungswasser.)
Natürlich ist das Erlebnis, im Savoy, 69 Colebrook Row oder Montgomery Place einen Drink zu nehmen, auf seine Art einzigartig, aber eine solche Qualität, Gastgebertum und außergewöhnliche Abende dürfen wir ebenso in der Halberstadt, der Goldenen Bar, dem Le Lion, der Widder Bar (nur ein paar wenige Beispiele) und vielen anderen schummrigen Perlen der Nacht erleben. Was nach meiner bisherigen Erfahrung wirklich den Unterschied macht, ist, dass viele Lokalitäten in London ob ihrer langen Tradition schon ein ganz anderes Standing haben, bevor man am Glas genippt hat. Und wenn einmal ein derartiger Hype um eine ganze Stadt des Trinkens (und das keineswegs nur gepflegt und zivilisiert) gezimmert ist, entwickelt sich eine Eigendynamik.
Dazu kommt, dass London nicht nur deutlich mehr Menschen in sein Einzugsgebiet fasst, als jede Stadt im deutschsprachigen Raum, sondern die Leute teilweise richtig Geld haben und auch die Bereitschaft, es auszugeben. Mit einem so ausgehfreudigen, breit gefächerten Publikum, vom Kleinkünstler zum Großaktionär, lässt es sich schon eine bunte Gastronomielandschaft malen. Viele kleine und spezialisierte Nischenkonzepte, die anderswo ob einer unzureichend großen Zielgruppe dem Untergang geweiht wären, blühen und gedeihen in London, da sich unter mehr als sieben Millionen immer genug treue Anhänger und Trinkfreudige finden, die eine solche Bar tragen.
Dadurch ist, kurz und knapp, einfach die Dichte an Bars höher. Sind es im GSA-Raum vielleicht jeweils eine Handvoll Bars, die auf einem ähnlichen internationalen Spitzenniveau agieren, wählt man in der Stadt an der Themse aus einigen Dutzend Top Bars (abgesehen davon, dass man mittlerweile auch in London mit einer Höllengeschwindigkeit neue Bars aufmachen und andere schließen sieht). Generell wirken manche Lokale und speziell Bars einfach rundum durchdacht, völlig stimmig in ihrer Gesamtkonzeption und teilweise vielleicht etwas ausgegorener als in anderen Städten, die ich bisher besuchen durfte. Man greift internationale Trends auf, interpretiert sie vielleicht neu, verwirft manches wieder und London setzt ganz deutlich auch eigene Ausrufezeichen und bestimmt zukünftige Entwicklungen rund um den Drinkglobus mit.
Ihr Lieben, seid offen, geht in die Welt, macht Erfahrungen in anderen Ländern und Barmetropolen, weitet die Scheuklappen, holt euch Inspiration, aber vor allem: gehen wir unseren beständigen Qualitätsweg weiter, bauen wir verstärkt an unserer internationalen Reputation und seien wir stolz auf das, was wir haben und sind; das ist eine ganze Menge.
Mit den allerbesten Grüßen und Spirits,
Euer Reini