“Im Mix der Zeit” – focussing on Sherry @drinkmix.de

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Kein anderes Getränk, kein Land, Gebiet oder Weinregion bringt vergleichbare Produkte hervor. Keine andere Rebsorte und kein Terroir lässt ähnliche Kreszenzen gedeihen. Nirgendwo sonst spielen Boden, Trauben, Topografie und Geografie, Mensch und Natur zu einem so einzigartigen Mikroklima zusammen, wie in Jerez de la Frontera, Sanlucar de Barrameda und El Puerto de Santa Maria.

Einst fixer Bestandteil einer wohlfeilen Drinkauswahl, Stern am Firmament fortifizierter Kreszenzen und Allzeitgröße der Bar- und Trinkkultur, ist Sherry heute einer der vergessenen Schätze der Welt alkoholischer Getränke.

Oft mit dem Klischee von klebriger Süße und in die Jahre gekommener britischer Ladies behaftet, ist der andalusische Klassiker völlig zu Unrecht ins flüssige Abseits gerutscht, kaum jemand weiß noch über die grandiose Qualität, die in den Bodegas und Soleras Andalusiens zu schlummern vermag.

Als perfekter Speisenbegleiter, in seiner Stilistik vielfältig und komplex, für klassische Drinks ebenso unerlässlich wie grandios, Fino, Oloroso, Palo Cortado und Pedro Ximenez gehören in eine Top Bar wie Eis und Bitters. kurz

Wenn Jim Meehan, international hochangesehener Bar Profi sagt: „There is room for a sherry cocktail on any list at any time of the year“, muss man ihm wohl getrost beipflichten.

Selbstverständlich braucht es ein bisschen Zeit, Kommunikation und Leidenschaft, um das Produkt sich selbst und seinen Gästen verständlich zu machen, umso belohnender und nachhaltiger aber sind oft die Erlebnisse.

Und es ist eine Vielzahl an Stärken und schlagenden Argumenten, die Sherry interessant machen, für den privaten Genuss und Weinliebhaber, insbesondere aber auch für Gastronomie.

Ein Großer der Geschichte

Die lange Tradition der Weine Andalusiens habe ich eingangs gestreift, und viele Seiten könnte man über die Geschichte verlieren – Fakt ist und bleibt, Sherry hat schon rein historisch Berechtigung und Bewandtnis.

Doch wir wollen nicht hauptsächlich im trüben Sumpf vergangener Zeiten fischen, Hier und Heute muss das Getränk gefallen und Spaß machen.

Wein oder Spirituose?

Stichwort Trinkfreude: Die alkoholische Stärke des Sherry liegt mit einer Spannweite von etwa fünfzehn bis zweiundzwanzig Prozent Volumen genau in einem „Graubereich“, sodass eine Einordnung zu entweder Wein oder Spirituose oft schwer fällt und die Geister scheidet.

Der zum Wein höhere Alkoholgehalt bedingt eine weiter gefächerte Aromenausprägung und Tiefe, während der deutlich schwächere Auftritt verglichen mit Basisspirituosen der Bar in leichterem Trinkfluss, niederprozentigeren Drinks resultiert und dem Zug der Zeit entspricht, den ABV im Glas zu reduzieren.

Value for money

Außerdem gelten verstärkte Weine heute schlichtweg als „uncool“, verstaubt, ja fast antiquiert. Eben diese Unpopularität resultiert daher in günstigen Preisen, was bei hoher Qualität ein Lächeln auf das Gesicht finanzgeplagter Genießer zu zaubern vermag. Wo sonst bekomme ich eine Flasche, deren Inhalt im Schnitt zwischen fünfzig und achtzig Jahren Alters aufweisen kann, für unter vierzig Euro? Whisky, Rum, ja sogar manch ungelagerter Premium Gin lässt der Geldbörse eine radikalere Schlankheitskur angedeihen als ein VORS Palo Cortado.

Die Bandbreite

Und ein ganz fundamentaler Aspekt von Fino & Co ist schlichtweg die Varietät: von klar mit grünlichen Reflexen bis undurchsichtig schwarz, frisch und crisp oder ruhig und tief, von knochentrocken bis üppigst süß – Sherry ist Vielfalt. Pur, als Aperitif, Speisenbegleiter einer ganzen Menüfolge, Digestif, Wein zur Zigarre, Cocktailzutat, Basis, Filler, Modifier, Sherry kann all das.

Voraussetzung für die absolute Geruchs- und Geschmacksfreude sowie die Harmonie im und ums Glas, ist natürlich ein gewisses Vorwissen um eben jene Diversität und die Stilistiken. Doch man möge nicht vor lauter Scheu und Angst vor Verwirrung die Flinte ins Korn werfen, ein paar kleine Grundgedanken und ein grober Überblick über Flor, Oxidative Reifung und Solera sind der Schlüssel zum Erfolg.

Geben Sie sich selbst und Sherry eine Chance, genießen ein Glas Geschichte und einen Wein, der in Stilistik und Charakter einzigartig ist, pur und im Mix.

Oder um es mit den Worten Falstaff’s zu sagen:

„If I had a thousand sons, the first humane principle I would teach them should be, to forswear thin potations and to addict themselves to Sherry sack.“

Mit den besten Spirits,
Reinhard Pohorec